Lithium-Aktien sind zuletzt stark gefallen. Große Bergbauunternehmen könnten nun billig zukaufen. Für Anleger ergeben sich geniale Chancen…

Ab 2035 dürfen in der EU keine Neufahrzeuge mit Verbrennermotor zugelassen werden, so haben es die EU-Staaten 2023 beschlossen. Dementsprechend werden die Verkaufszahlen von Elektroautos deutlich steigen - und damit einhergehend der Bedarf für Lithium, welches einer der wichtigsten Rohstoffe für die Batterieproduktion ist.

In einer typischen Batterie eines in Europa 2022 zugelassenen Elektrofahrzeugs (Mittel- bis Oberklasse, 65 kWh) stecken etwa sieben bis acht Kilogramm Lithium. Auch in der Elektrolytlösung der Batterie sind Lithiumverbindungen enthalten. Wenn man das auf die rund 10,5 Millionen Pkw hochrechnet, die 2023 in der EU zugelassen wurden, ergibt sich daraus bereits ein jährlicher Bedarf von 84000 Tonnen an Lithium, die benötigt würden, wenn es sich ausschließlich um Elektrofahrzeuge handelt. Dazu kommt noch der Bedarf für E-Lastwagen und Energiespeicher, der ebenfalls steigen soll. So verwundert es nicht, dass die Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe in zwei von drei aufgestellten Szenarien für 2030 selbst bei einer optimistischen Angebotsprognose mit einem mangelnden Angebot an Lithium rechnet. Dementsprechend sind hohe Lithiumpreise zu erwarten. Doch statt zu steigen, ist der Lithiumpreis in den letzten zwölf Monaten eingebrochen. Vom Hoch von über 80000 Dollar pro Tonne ging es zuletzt auf rund 13 200 Dollar pro Tonne, ein Einbruch der Preise um über 80 Prozent. Der Grund: Überkapazitäten belasteten den Sektor. In Erwartung eines drohenden Engpasses hatten vor allem chinesische Unternehmen hohe Lagerbestände aufgebaut. Dazu kommt, dass die Nachfrage nach Elektroautos in einigen Ländern zurückgegangen ist. Gründe sind die noch nicht ausreichend ausgebaute Infrastruktur von Ladesäulen und der Mangel an preisgünstigen Elektroautos.

Bald mehr preiswerte Stromer

Doch das dürfte sich in der nahen Zukunft ändern. Volkswagen will etwa im Herbst 2025 den ID2 vorstellen, der unter 25000 Euro kosten soll. Auch an einem Fahrzeug unterhalb der 20000 Euro arbeitet der Konzern aus Wolfsburg bereits. Andere Hersteller wie Tesla und Ford wollen zukünftig ebenfalls das Niedrigpreissegment bedienen, und auch die Ladesäulen-Infrastruktur soll kräftig ausgebaut werden. Bis 2030 soll allein in Deutschland eine Million öffentliche Ladepunkte entstehen. Ein weiterer Grund für den in manchen Ländern schwächelnden Absatz von Elektroautos sind weggefallene staatliche Kaufprämien, etwa in Norwegen und zuletzt auch in Deutschland. Darauf haben die Hersteller inzwischen reagiert und bieten selbst teilweise enorme Rabatte. Mittelfristig dürfte die Nachfrage nach Elektroautos und damit auch der Lithiumbedarf also wieder steigen. Der Bosch-Konzern geht in einer Marktanalyse davon aus, dass 2030 weltweit mehr als jedes dritte Neufahrzeug rein elektrisch fährt, in Europa sogar zwei von drei Fahrzeugen. 2035 soll demnach sogar jeder zweite weltweit neu zugelassene Pkw ein E-Auto sein. Was die hohen Lagerbestände im Lithiumsektor anbelangt, sind diese laut Berichten von Bloomberg inzwischen größtenteils wieder abgebaut. Auch haben sich die Lithiumpreise in China, die als maßgebend im Lithiummarkt gelten, zuletzt stabilisiert. So wie es dem Preis für Lithium erging, geschah es auch bei vielen Aktien aus dem Bereich, sie mussten kräftig Federn lassen. Dabei sind einige Titel auf einem Niveau angekommen, auf dem sich ein Einstieg lohnen könnte. 

Übernahmen im Lithiumsektor

Zudem könnten sich bei der aktuellen Bewertungslage große Bergbaukonzerne auf die Suche für geeignete Übernahmekandidaten begeben. So stand der britisch-australische Bergbaukonzern Rio Tinto 2017 bereits kurz vor einem Einstieg bei dem chilenischen Produzenten SQM, am Ende ging der Anteil jedoch an einen chinesischen Förderer. In seiner Unternehmensstrategie definierte Rio Tinto das Leichtmetall zuletzt sogar als langfristigen Wachstumsrohstoff. Bisher ist der Bergbaukonzern aber nur bei zwei Lithiumprojekten in Argentinien und Serbien aktiv, die sich erst in einem frühen Stadium befinden. Angesichts schwacher Lithiumpreise und abgewerteter Lithiumaktien könnte das Unternehmen laut Analysten von Berenberg nun einen antizyklischen Ansatz verfolgen und in Qualitätsnamen investieren, wie zum Beispiel den amerikanischen Lithiumproduzenten Albemarle. Damit würde Rio Tinto auf einen Schlag zu einem der wichtigsten Player im Lithiumsektor. Albemarle verfügt über große Minen und Produktionsanlagen in Australien, den USA, Chile und China und war zuletzt der größte Produzent von Lithium weltweit. Der Rückgang des Preises ging auch an Albemarle nicht spurlos vorüber. So verlor die Aktie des Lithiumproduzenten in den letzten zwölf Monaten rund 60 Prozent. Sollte Rio Tinto das Preisschild von Albemarle zu hoch sein, könnten laut Berenberg eine Reihe von kleineren Produzenten eine Option sein. Infrage käme etwa der australische Förderer Pilbara Minerals oder das holländische Unternehmen AMG Critical Materials, allerdings betrachten die Analysten Albemarle als die beste Option für eine langfristige Wertschöpfung. 

Die Konkurrenz hat es schwer

Stand heute ist Lithium nicht aus der Welt der Akkus und Batterien wegzudenken, doch wie sieht es in der Zukunft aus? Andere Technologien holen auf. So könnte die Natrium-Ionen-Batterie zukünftig eine größere Rolle bei Elektroautobatterien spielen. Allerdings kann sie aufgrund ihrer niedrigeren Energiedichte nicht so viel Energie speichern wie eine aus Lithium und ermöglicht daher nicht so hohe Reichweiten.

Daher wird die Lithium-Ionen-Batterie auf absehbare Zeit nicht zu ersetzen sein. Sie ermöglicht eine höhere Energiedichte als konkurrierende Batterietechnologien. Der Vorteil: Lithium ist leicht, kann aber große Mengen an Energie speichern. Dennoch sind weiterhin technische Fortschritte möglich, weshalb Anleger Stoppkurse beachten sollten. Angesichts des rapide gesunkenen Lithiumpreises und eines voraussichtlich stark steigenden Bedarfs und möglicher Übernahmen bieten sich aber auch große Chancen.

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Dieser Artikel erschien zuerst in der neuen Ausgabe von BÖRSE ONLINE. Weitere spannende Neuigkeiten erfahren Sie hier