Inmitten der hohen Inflation gibt es Preissenkungen an Orten, an denen es die wenigsten erwarten: Bei Immobilien. Warum die Preise zum ersten Mal seit 2010 fallen und was es zu beachten gibt.

Die Preise für Wohnimmobilien sind Ende 2022 erstmals seit zwölf Jahren gefallen. Sie sanken von Oktober bis Dezember um durchschnittlich 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das ist der erste Rückgang seit Ende 2010, als es ein Minus von 0,5 Prozent gegeben hatte. Noch stärker hatten sich die Kaufpreise für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser zuletzt im ersten Quartal 2007 mit 3,8 Prozent verringert. Gemessen am dritten Quartal 2022 sanken die Preise um durchschnittlich 5,0 Prozent. "Ausschlaggebend für den Rückgang der Kaufpreise dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation sein", erklärten die Statistiker.

Insgesamt stiegen Immobilienpreise in 2022 noch

Ökonomen zeigten sich vom Ausmaß überrascht. "Dass die Preise im vierten Quartal gefallen sind, dürfte niemanden überraschen", sagte Ökonom Martin Güth von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). "Doch das Tempo lässt aufhorchen." Am deutschen Wohnimmobilienmarkt habe zweifellos eine Korrektur eingesetzt, die sich im laufenden Jahr fortsetzen dürfte. "Dabei handelt es sich um eine gesunde Entwicklung", sagte Güth. "Der Markt ist hoch bewertet und Wohnraum kaum noch erschwinglich." Da Wohnraum knapp bleibe, dürfte der Preisrückgang aber "alles in allem überschaubar bleiben". Die LBBW rechnet mit einer Preiskorrektur von knapp zehn Prozent.

Inflationsbereinigt brach der Auftragsbestand im Wohnungsbau Ende 2022 um 9,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat ein. "Dies war der erste Rückgang in dieser Bauart in einem Kalenderjahr seit 2009", hieß es dazu vom Statistikamt. Die Abwärtsdynamik habe sich dabei im Jahresverlauf verschärft.

2022 insgesamt stiegen die Preise für Wohnimmobilien allerdings weiter, da es in den ersten drei Quartalen noch Zuwächse gab: Im Jahresdurchschnitt zogen sie um 5,3 Prozent an. 2021 hatte es mit plus 11,5 Prozent noch den stärksten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 gegeben.

Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren zum Jahresausklang größtenteils Rückgänge zu verzeichnen. "Dabei sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als die für Eigentumswohnungen", so die Statistiker. So verbilligten sich Ein- und Zweifamilienhäuser beispielsweise in den kreisfreien Großstädten um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, während die Preise für Eigentumswohnungen in diesen Städten lediglich um 1,0 Prozent abnahmen. In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser 5,5 Prozent günstiger zu haben, Eigentumswohnungen dagegen mit plus 0,1 Prozent minimal teurer. In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf gingen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,9 Prozent zurück, für Wohnungen musste 1,6 Prozent weniger gezahlt werden.

Die Überbewertungen bei den Preisen für Wohnimmobilien haben im vergangenen Jahr der Bundesbank zufolge angehalten. In den Städten lagen die Wohnimmobilienpreise 2022 immer noch zwischen 25 und 40 Prozent über dem gerechtfertigten Niveau, wie deren Ökonomen herausfanden.

Was das für Immobilien-Aktien bedeutet

Immobilien-Aktien hatten diese Entwicklung in den vergangenen Monaten bereits vorweggenommen. Denn Werte wie Vonovia, Aroundtown oder TAG Immobilien und LEG waren deutlich gefallen. Aber nicht jede Immobilien-Aktie ist gleich stark auf dem Wohnungsmarkt aktiv. Es gibt Entwickler und auch Anbieter und Verwalter von Büro-Immobilien oder Gewerbe-Immobilien. Doch ein Trend war zuletzt deutlich auszumachen: Die Immobilien-Aktien fielen an der Börse. 

Etwa die Vonovia-Aktie verlor in den vergangenen eineinhalb Jahren rund 40 Prozent an Börsenwert. Heute verliert die Aktie in einem schwachen Marktumfeld rund 1,5 Prozent.

Aroundtown traf es seit Ende 2019 ungleich härter: Die Aktie verlor rund 75 Prozent bis heute. Am heutigen Tag ist das Papier rund 3 Prozent im Minus. 

Die TAG-Aktie verlor sogar 80 Prozent an Wert seit Mitte 2021. Heute notiert das Papier 2,5 Prozent.

Nun sehen aber dennoch viele Analysten weiteres Potenzial. Vermutlich vor allem aufgrund der gesunkenen Aktienkurse. Lesen Sie dazu auch: Ausverkauf bei Wohnungsaktien - Aber Warburg Research sieht 130 Prozent Potenzial 

(Mit Material von Reuters)