Die USA sind bekannt für juristische Auseinandersetzungen. Nun verklagt jedoch die Regierung des US-Bundesstaats Kalifornien gleich mehrere Öl-Multis. Sie wirft ihnen vor, die von fossilen Brennstoffen ausgehenden Risiken herunterzuspielen. Die Öl-Konzerne hätten durch ihr Verhalten Milliarden-Schäden verursacht. Droht Gefahr für die Aktien von Chevron, Exxon und Shell?

Der US-Bundesstaat Kalifornien verklagt mehrere große Ölfirmen und wirft ihnen vor, die Öffentlichkeit über Risiken ihrer Produkte getäuscht zu haben. Die Unternehmen wüssten seit Jahrzehnten, dass die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen "katastrophale Folgen" haben könnte, heißt es in der Zivilklage, die bei einem Gericht in San Francisco eingereicht wurde. Sie führt die Klimakrise als Konsequenz an. "Allein im Jahr 2023 hat der Bundesstaat Kalifornien sowohl eine extreme Dürre als auch weitreichende Überschwemmungen, ausgedehnte Waldbrände und historische Stürme sowie einen ungewöhnlich kalten Frühling und einen rekordverdächtig heißen Sommer erlebt." All dies verursache Schäden in Höhe von mehreren Milliarden Dollar. 

In einigen anderen US-Bundesstaaten gibt es ähnliche Klagen. Kalifornien sei allerdings ein bedeutender Öl- und Gasproduzent, und die Staatsanwaltschaft des Bundesstaates habe eine Erfolgsbilanz bei bahnbrechenden Fällen, schrieb die New York Times. Die Klage richtet sich gegen ExxonMobil, Chevron, ConocoPhillips, Shell und BP sowie gegen den Interessenverband American Petroleum Institute. Die Unternehmen weisen die Vorwürfe zurück oder haben sich auf Anfrage US-Medien zufolge noch nicht geäußert.

Koordinierte Kampagne?

"Wir glauben nicht, dass der Gerichtssaal der richtige Ort ist, um den Klimawandel anzugehen", hieß es demnach etwa in einer Mitteilung von Shell. Stattdessen brauche es eine "kluge Politik der Regierung und Maßnahmen aller Sektoren". Der Sender CNN zitierte aus einer Mitteilung von Chevron: "Der Klimawandel ist ein globales Problem, das eine koordinierte internationale politische Antwort erfordert, und keine (...) Klage zum Nutzen von Anwälten und Politikern." Das American Petroleum Institute betonte, es handele sich bei der Zivilklage um eine "andauernde, koordinierte Kampagne" gegen eine grundlegende amerikanische Industrie und ihre Arbeiter.

Der Bundesstaat Kalifornien argumentiert hingegen, die Ölfirmen müssten für die Kosten aufkommen, die sie verursacht hätten. Außerdem müssten Geldstrafen verhängt werden, weil die Öffentlichkeit belogen worden sei. "Seit mehr als 50 Jahren belügt uns [die Ölindustrie] und vertuscht die Tatsache, dass sie schon lange weiß, wie gefährlich die von ihr produzierten fossilen Brennstoffe für unseren Planeten sind", sagte Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom.

"Der Fall Kaliforniens ist die bedeutendste, entschlossenste und wirkungsvollste Klimaklage gegen die Öl- und Gasindustrie in der Geschichte der USA", sagte Richard Wiles, der Präsident des Center for Climate Integrity, einer gemeinnützigen Organisation, die Klimaprozesse verfolgt.

Hohe Ölpreise stützen Kurse der Öl-Aktien

Die Auswirkungen auf die Börsenkurse der betroffenen Gesellschaften halten sich am Montag in Grenzen. Die Aktien der US-Konzerne Chevron, Exxon und ConocoPhilips liegen vorbörslich über ihren Freitagsschlussständen. Auch BP und Shell gewinnen im europäischen Handel entgegen einer abgeschwächten Tendenz des Gesamtmarkts leicht hinzu.

Shell (WKN: A3C99G)

Brent-Öl mit 'Golden Cross'

Die Öl-Aktien profitieren von weiter steigenden Ölpreisen. Diese erreichen am Montag neue Zehn-Monats-Hochs. Am Montag kostete ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent zur Lieferung im November zeitweise 94,78 US-Dollar. Ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) zur Oktober-Lieferung wurde mit bis zu 91,70 Dollar gehandelt. Das waren jeweils die höchsten Preise seit vergangenen November. 

Bis zum Nachmittag geben die Notierungen einen Teil ihrer Aufschläge ab. Brent notierte mit 94,42 Dollar aber weithin über Freitag (siehe Chart unten), WTI kostete mit 91,30 Dollar ebenfalls mehr als vor dem Wochenende. Weitere Ölpreis-Steigerungen sind in den kommenden Wochen nicht ausgeschlossen. Auch charttechnisch sieht es nach dem "Golden Cross" von Ende August bei Brent-Öl gut aus.

Öl (Brent) (ISIN: FTREFF000001)

In den vergangenen Wochen und Monaten haben die Preise deutlich zugelegt. Auch Heizöl wird derzeit immer teurer. Für Preisauftrieb sorgt vor allem das anhaltend knappe Angebot großer Förderländer wie Saudi-Arabien und Russland. Bestehende Kürzungen wurden unlängst bis zum Jahresende verlängert. Offiziell soll damit der Markt im Gleichgewicht gehalten werden. Faktisch dient das Vorgehen dazu, die Preise und die Einnahmen aus dem Erdölverkauf hoch zu halten.

Saudi-Arabien und Russland liefern seit einiger Zeit deutlich weniger Öl. Zuletzt hatten sie ihre Kürzungen bis Jahresende verlängert. Offiziell soll der Markt im Gleichgewicht gehalten werden, faktisch dient die Strategie der Preiserhöhung.

Und mit steigenden Ölpreisen steigen auch die Margen der Ölfirmen. Sie verdienen bei nahezu gleichen Kosten an jedem verkauften Barrel Öl mehr. Daher sollten auch die Kurse der Ölfirmen zumindest gut nach unten abgesichert sein, solange die Röhlpreise stabil bleiben. Trotz der Milliarden-Klage Kaliforniens bleiben Öl-Aktien haltenswert. BÖRSE ONLINE hat für Shell ein Kursziel von 37 Euro ausgegeben, für BP 8,00 Euro, für Chevron 181 Euro und für ExxonMobil von 110 Euro. (Mit Material von dpa-AFX)

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