Am Dienstag bekommt der DAX nach Erreichen eines neuen Rekordes am Montag ernsthafte Probleme. Auch die Wall Street zeigt sich unterschiedlich stark. Außerdem stehen die Aktien von BMW, Redcare Pharmacy und Siemens im Fokus.

Die Anleger an den Aktienmärkten haben nach den Kurssprüngen der letzten Tage Gewinn mitgenommen. Der DAX rutschte am Dienstag um ein Prozent auf 16.288 Punkte, nachdem an den beiden vorangegangenen Handelstagen jeweils neue Höchstwerte erzielt worden waren. Der EuroStoxx50 zog sich ähnlich stark auf 4426 Zähler zurück. 

Uneinheitlich ausgefallene Konzernbilanzen und die Erwartung wichtiger Konjunkturdaten machen die Anleger an der Wall Street nervös. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte lag zur Eröffnung am Dienstag knapp im Plus bei 35.586 Punkten. Der breiter gefasste S&P 500 gab 0,2 Prozent auf 4579 Zähler nach. Der Index der Technologiebörse Nasdaq verlor ein halbes Prozent auf 14.275 Stellen.

Grund für die Verkaufslaune waren Analysten zufolge unter anderem durchwachsene Konzernbilanzen. "Der Anteil der Unternehmen, die beim Gewinn über Plan liegen, ist zwar leicht höher als sonst, das Ausmaß der Übertreffungen ist allerdings gut 30 Prozent niedriger", sagte Jochen Stanzl, Chefanalyst vom Broker CMC Markets. "Wenn man also das Haar in der Suppe finden und gegen die Rally an der Wall Street argumentieren will, dann gibt es in der laufenden Berichtssaison durchaus zahlreiche Ansatzpunkte."

Ein eingetrübtes Bild lieferte auch die chinesische Industrie, die einen Fehlstart in die zweite Jahreshälfte hingelegt hat. Der Einkaufsmanagerindex sank im Juli um 1,3 auf 49,2 Punkte und damit erstmals seit April wieder unter der Marke von 50, ab der das Barometer Wachstum signalisiert. Unsicher zeigten sich Marktteilnehmer auch mit Blick auf die in Aussicht gestellten Hilfen der chinesischen Regierung. "Derzeit bleiben wir skeptisch, dass es ein großes Konjunkturpaket geben wird", sagte Alec Jin, Investmentexperte beim Vermögensverwalter abrdn.

DAX (WKN: 846900)

DAX-Gewinner und DAX-Verlierer am Dienstag

Am Dienstagnachmittag befinden sich die Aktien von Rheinmetall (+1,55 Prozent), Heidelberg Materials (+1,41 Prozent) und MTU (+1,32 Prozent) an der Spitze des DAX. 

Am anderen Ende des deutschen Leitindex notieren DHL Group (-4,64 Prozent), BMW (-4,28 Prozent) und Siemens (-2,93 Prozent).

Börse verhalten nach dem DAX-Rekord

Am Montag hatte der Dax den zweiten Handelstag in Folge ein Rekordhoch erreicht und den Monat Juli mit einem Gewinn von rund 1,9 Prozent abgeschlossen. Die Chance auf ein Ende der Zinsanhebungen der Notenbanken in den USA und der Eurozone nährt die Hausse am Aktienmarkt. Das charttechnische Bild spreche nicht gegen einen weiteren Kursanstieg, betonten die Experten der Landesbank Helaba.

Der Blick richtet sich heute aber eher auf die Einzelwerte:

Aktien von BMW im Fokus

Der Autobauer BMW erhöht nach einem guten Lauf im ersten Halbjahr seine Prognosen für den Autoverkauf und die operative Ergebnismarge im Kerngeschäft. Die Marge des Ergebnisses vor Zinsen und Steuern im Automobilbau erwartet das Management um Chef Oliver Zipse nun im laufenden Jahr bei 9 bis 10,5 Prozent, wie der Konzern am Dienstag überraschend mitteilte. BMW hatte bislang bei der am Aktienmarkt stark beachteten Kennziffer 8 bis 10 Prozent in Aussicht gestellt und dabei bereits den oberen Bereich der Spanne ins Auge gefasst. Doch beim Ausblick für den Barmittelzufluss wird der Konzern vorsichtiger, weil die Münchener voraussichtlich dieses Jahr mehr Kapital für Investitionen in Elektroantriebe sowie wegen wackliger Lieferketten benötigen. Die Aktie fiel deutlich.

Das im Dax notierte Stammpapier verlor am Indexende 4,2 Prozent auf 106,24 Euro und rutschte damit auf den Stand von Anfang Juni. Investoren sind beim Barmittelzufluss, dem sogenannten Free Cashflow, besonders empfindlich, weil weniger Geld in der Kasse auch weniger Dividende bedeuten kann. Im bisherigen Jahr sind die Aktien von BMW allerdings auch gut gelaufen, mit einem Plus von zuletzt noch gut 27 Prozent.

Der neue BMW-Finanzvorstand Walter Mertl peilt nun im Autogeschäft einen freien Mittelzufluss von mindestens 6 Milliarden Euro an. Ex-Finanzchef Nicolas Peter hatte nach den Zahlen zum ersten Quartal noch rund 7 Milliarden in Aussicht gestellt. Grund seien höhere Investitionen in den Umbau zur Elektromobilität, aber auch eine höhere Bevorratung zur Sicherstellung der Lieferketten, begründete das Unternehmen. Bereits im zweiten Quartal sorgten erhöhte Vorräte für einen Dämpfer, der Free Cashflow in der Autosparte fiel mit 1,2 Milliarden Euro schwächer aus als im ersten Jahresviertel. Der Anstieg von Vorräten sowie höhere Kosten für Material und Rohstoffe hätten hier belastet, hieß es. Auf Sicht der ersten sechs Monate stehen 3,1 Milliarden Euro Zufluss zu Buche.

Bei den Anlegern sorgte auch kaum für bessere Stimmung, dass BMW bei den geplanten Auslieferungen 2023 nun etwas mehr veranschlagt als bisher. So erwarten die Manager ein solides Wachstum gegenüber dem Vorjahr mit damals 2,4 Millionen verkauften Autos - sprich ein Plus um fünf bis zehn Prozent. Bisher war nur ein leichtes Plus avisiert worden. Auch bei der Eigenkapitalrendite im Finanzdienstleistungsgeschäft wird BMW zuversichtlicher.

Grundlage für den Optimismus von BMW-Chef Oliver Zipse bei Verkäufen und Ergebnis sind vorläufige Resultate aus dem ersten Halbjahr. Die operative Marge im Autogeschäft lag bei 10,6 Prozent und damit spürbar über der bisher angepeilten Spanne. Im zweiten Quartal betrug die Marge 9,2 Prozent, ein Prozentpunkt mehr als ein Jahr zuvor. BMW hatte wie bereits bekannt mit 1,2 Millionen Fahrzeugen fast fünf Prozent mehr Autos ausgeliefert.

Das höhere Absatzvolumen, eine vorteilhafte Entwicklung bei den Verkaufspreisen sowie eine Verlagerung hin zu teureren Autos trieben die Ergebnisse an. Zahlen für den Umsatz und das Nettoergebnis nannte BMW zunächst nicht, detaillierte Resultate legt das Unternehmen an diesem Donnerstag vor.

BMW (WKN: 519000)

Aktien von Covestro im Fokus

Die Schwäche der Bauwirtschaft sowie die Zurückhaltung vieler Menschen beim Kauf von Unterhaltungselektronik, Haushaltsgeräten und Möbeln haben den Dax-Konzern Covestro auch im zweiten Quartal belastet. Die Erlöse fielen in den Monaten April bis Juni im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um gut ein Fünftel auf 3,7 Milliarden Euro, wie der Dax-Konzern am Dienstag mitteilte. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) knickte um knapp 30 Prozent auf 385 Millionen Euro ein. Damit verfehlten die Leverkusener die durchschnittlichen Analystenschätzungen beim Umsatz, hielten sich beim operativen Ergebnis aber knapp darüber. Das Bild gleicht dem ersten Quartal, als Kostensenkungen dem Konzern gewinnseitig ein Stück weit geholfen hatten.

Unter dem Strich verdienten die Leverkusener im zweiten Quartal 46 Millionen Euro, nach 199 Millionen vor einem Jahr. Der operative freie Mittelfluss - also das Geld, was im Tagesgeschäft bei Covestro hängen bleibt oder abfließt - war mit minus 10 Millionen Euro derweil deutlich besser als vor einem Jahr mit minus 462 Millionen. Das hatte damals allerdings an der Auszahlung der Mitarbeiter-Boni für das außergewöhnlich starke Jahr 2021 gelegen.

Covestro (WKN: 606214)

Aktien von Redcare Pharmacy im Fokus

Ein starkes zweites Quartal und eine neue Partnerschaft beflügeln die Online-Apotheke Redcare Pharmacy (früher Shop Apotheke). Entsprechend optimistischer blickt das Unternehmen auf das laufende Jahr. Dabei dürfte der Umsatz mit rezeptfreien Produkten (Non-Rx) deutlich zulegen. Die Aktie sprang am Morgen kräftig an.

Wie das im MDax notierte Unternehmen am Dienstag im niederländischen Sevenum mitteilte, soll der Jahreserlös mit frei verkäuflichen Produkten (Non-Rx) jetzt um 20 bis 30 Prozent zulegen. Bisher hatte das Unternehmen in dem Bereich ein Wachstum von 10 bis 20 Prozent gegenüber dem Vorjahreswert von knapp 1,1 Milliarden Euro angepeilt. Der gesamte Konzernumsatz soll mit 1,7 bis 1,8 Milliarden Euro den bisherigen Rekordwert von 1,2 Milliarden aus dem Jahr 2022 noch weit übertreffen.

Davon dürfte etwas mehr operativ bei der Online-Apotheke hängen bleiben. Die um Sondereffekte bereinigte Marge basierend auf dem Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) werde jetzt zwischen 1,5 und 3 Prozent erwartet - bislang hatte der Konzern hier einen Wert zwischen 0,5 und 2,5 Prozent anvisiert. Gegenüber dem Vorjahreswert von minus 0,7 Prozent ist das eine deutliche Verbesserung.

Bereits im zweiten Quartal war das Ergebnis im Tagesgeschäft deutlich nach oben gegangen. "Dank Effektivität, Effizienz, hoher Kundenbindung und Skaleneffekten konnten wir die operative Marge im Einklang mit unserer Strategie in allen Bereichen deutlich steigern", sagte Finanzchef Jasper Eenhorst der Mitteilung zufolge. Redcare schaffte dabei abseits von Sondereffekten den Sprung zurück in die Gewinnzone.

Das bereinigte Betriebsergebnis stieg von zuvor minus 6,1 Millionen auf plus 13,3 Millionen Euro, die entsprechende operative Marge verbesserte sich um 5,3 Punkte auf 3,2 Prozent. Unter dem Strich dämmte der Konzern seinen Verlust auf 4,1 Millionen Euro ein - nach minus 24,8 Millionen Euro im Vorjahr. Dabei profitierte die Online-Apotheke auch vom positiven Ergebnisbeitrag des Joint Ventures Mediservice, das Redcare seit nun gemeinsam in der Schweiz mit der Galenica AG betreibt.

Anleger und Analysten reagierten am Morgen äußerst positiv auf den neuen Ausblick und das Zahlenwerk, die Aktie schoss auf ein Hoch seit Ende 2021 und notierte zuletzt mit zehn Prozent Aufschlag. Jefferies-Experte Alexander Thiel schrieb, das bereinigte Betriebsergebnis der Online-Apotheke habe die Markterwartung deutlich übertroffen. Auch Christian Salis von Hauck Aufhäuser Investment Banking sprach von einer herausragend guten Profitabilität im zweiten Quartal. Zudem seien die neuen Ziele deutlich besser als am Markt erwartet ausgefallen.

Die Aktie galoppiert seit Monaten, seit dem Jahreswechsel ist das Papier mittlerweile auf weit mehr als das Zweieinhalbfache gestiegen - womit Redcare im Index der mittleren Werte der mit Abstand größte Gewinner bisher in diesem Jahr ist. Zum Hoch aus dem Februar 2021 bei fast 250 Euro fehlt aber noch einiges, zuletzt kostete ein Papier knapp 119 Euro.

"Unsere Wachstumsstory entwickelt sich in allen Ländern kontinuierlich weiter", sagte Finanzvorstand Eenhorst. Er sprach von einem "weiteren sehr erfolgreichen Quartal". Stark zulegen konnte der Konzern im vergangenen Jahresviertel weiter im internationalen Geschäft, zu dem die Niederlande sowie Frankreich, Belgien und Italien gehören - das größte Wachstum verzeichnete Redcare aber in den deutschsprachigen Ländern (Deutschland, Österreich, Schweiz)

Der Umsatz kletterte konzernweit um 46 Prozent auf 420 Millionen Euro, ohne den Beitrag des Schweizer Gemeinschaftsunternehmens betrug der Zuwachs noch rund ein Viertel. Ähnlich stark war auch das Plus im Geschäft mit rezeptfreien Medikamenten, der immer noch den größten Teil des Umsatzes bei Redcare ausmacht. Dabei lag die Zahl der aktiven Kunden und Kundinnen Ende Juni bei 10,1 Millionen - seit Jahresbeginn kamen damit 800 000 hinzu.

Redcare hatte die strategische Partnerschaft mit Galenica im zweiten Quartal abgeschlossen und ist nunmehr mit 51 Prozent an der Mediservice in der Schweiz beteiligt. Infolge einer Kapitalerhöhung hält Galenica wiederum 8 Prozent an der ehemaligen Shop Apotheke.

Redcare Pharmacy (WKN: A2AR94)

Aktien von Hypoport im Fokus

Für die Aktien von Hypoport ist es am Dienstag nach gesenkten Jahreszielen steil bergab gegangen. Auf Tradegate verloren sie im vorbörslichen Handel 13,6 Prozent zum Xetra-Schluss auf 164 Euro.

Im Juli hatte der Finanzdienstleister noch von ersten Stabilisierungszeichen am Immobilienmarkt gesprochen. Nun aber wird das SDax-Unternehmen wegen einer schwachen Entwicklung seines wichtigen Immobiliensegments deutlich pessimistischer für das laufende Jahr. Zudem schränkte Hypoport dabei noch ein, dass die neue Prognose nur dann gelte, wenn sich die noch verhaltene Marktentwicklung in der privaten Immobilienfinanzierung leicht belebe.

Ein Börsianer sagte am Morgen, es zeichne sich bei der Nachfrage nach Hypotheken keine Erholung ab. Das zweite Quartal von Hypoport bezeichnete er als schwach.

Mit dem aktuellen Kursverlust fallen die Papiere nun zurück auf das Kursniveau von Mitte Juli. Im Bereich von 150 Euro sind die derzeit unterstützt.

Hypoport (WKN: 549336)

Mit Material von dpa-afx

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