Die Quartalsberichtssaison im DAX geht jetzt so richtig los. SAP und Sartorius sorgen für turbulenten Auftakt. Unter dem Strich könnte der Zahlenreigen die Börse weiter antreiben. Zudem stehen wichtige Notenbank-Entscheidungen an. Von Wolfgang Ehrensberger

Die DAX-Berichtssaison ist gestartet: Durchwachsene Zahlen für 2022 gab es beim Schwergewicht SAP kombiniert mit einer optimistischen Prognose. Für positive Überraschungen sorgten der Laborausrüster Sartorius und der Versorger RWE.

Einige Konzerne hatten vorab schon Eckdaten veröffentlicht: Covestro, BASF und Symrise gaben Gewinnwarnungen ab, oftmals werden eindeutig schlechte Berichte vorgezogen. Vor allem Abschreibungen auf Beteiligungen haben bei diesen Konzernen die Zahlen vermasselt. Donner & Reuschel-Chefvolkswirt Carsten Mumm erwartet, dass es zu weiteren Gewinnrevisionen im DAX kommen könnte (siehe Interview). Sven Streibel, Aktienstratege der DZ Bank, rechnet jedoch nicht mehr mit großen negativen Überraschungen.

Die Chancen stehen diesmal gut, dass der Zahlenreigen unter dem Strich dem Markt Schub geben könnte. Mit Spannung werden dabei insbesondere die Ausblicke der Konzerne erwartet. Zuletzt hatten sich die Konjunkturindikatoren vor allem für Deutschland immer weiter aufgehellt. Angesichts gut gefüllter Gasspeicher und abflauender Inflation schwindet die Sorge vor einer Rezession.

Quartalszahlen in den USA

In den USA hat die Berichtssaison bereits vor etwa zwei Wochen begonnen. Die Zahlen der großen US-Banken und einiger Techkonzerne fielen dabei eher mau aus. „Insbesondere in den USA spielen die Börsen derzeit eine mögliche Gewinnrezession aufgrund einer Konjunktur-eintrübung und der damit verbundenen Kaufzurückhaltung durch“, erläutert DZ-Bank-Stratege Streibel. Dennoch lägen die berichteten Ergebnisrückgänge meist innerhalb der Erwartungen oder sogar darüber. Kurzfristig bestehe ein Rückschlagsrisiko am US-Markt, „weil Anleger sensibel auf Bestätigung der pessimistischen Erwartungen warten“. In Europa und in Frankfurt seien im Zuge der Jahresauftaktrally bereits viele Vorschusslorbeeren vergeben worden, die erst noch durch gute Ergebnisse und positive Ausblicke bestätigt werden müssten. „Positive Überraschungen bei Unternehmenszahlen dürften somit zunächst wenig Kurspotenzial entfalten, aber mittelfristig das Vertrauen stärken und damit die Tür für höhere Kurse öffnen“, lautet Streibels Fazit.

Man darf gespannt sein, was das beispielsweise für die Deutsche Bank bedeutet, die ihre Zahlen am kommenden Donnerstag vorlegt. Vorschusslorbeeren hat das größte deutsche Geldinstitut reichlich eingesammelt. Der mühsame Konzern-umbau ist fast abgeschlossen, das Geschäftsmodell austariert, die Renditeziele in greifbarer Nähe, und die steigenden Zinsen geben kräftigen Rückenwind. „Die können derzeit vor Kraft kaum noch gehen“, bringt es ein Analyst auf den Punkt. 

Weitere wichtige Ereignisse in der neuen Woche

So ist der Ifo-Geschäftsklima-index im Januar zum vierten Mal in Folge gestiegen. Die Bundesregierung erwartet für 2023 schon wieder leichtes Wachstum von 0,2 Prozent statt einer Rezession und korrigierte die Inflationserwartung von sieben auf sechs Prozent herunter. Von einer Rezession oder gar „industriellen Kernschmelze“ ist inzwischen kaum noch die Rede.

Gleichwohl könnte es im ersten Quartal noch zu einem leichten Rückgang der Wirtschaftsleistung kommen. Geopolitische Risiken etwa, allen voran der RusslandUkraine-Krieg, könnten sich zuspitzen. Bei den Unternehmen wiederum lautet eine Kernfrage, inwieweit sich die gestiegenen Energiepreise im Lauf dieses Jahres in die Gewinn- und Verlustrechnungen hineinfressen. Zumindest bis zum dritten Quartal 2022 waren die Konzerne noch in der Lage, gestiegene Kosten über höhere Preise an ihre Abnehmer weiterzugeben. Einen großen positiven Schub wiederum könnte in diesem Jahr die China-Öffnung bringen, vor allem für die deutschen Autobauer.

Zudem stehen die wichtigen Zins-Entscheidungen der Notenbanken an. Worauf Anleger sich hier vorbereiten müssen:

Die Termine der DAX-Berichte kommende Woche

Quartalszahlen DAX

Was Carsten Mumm, Chefvolkswirt bei Donner & Reuschel, von der DAX-Berichtssaison erwartet

Die DAX-Quartalsberichtssaison startet. Rechnen Sie nach den Gewinnwarnungen von BASF, Covestro und Symrise mit weiteren Korrekturen?

CARSTEN MUMM: Viele Unternehmen waren im vierten Quartal nicht mehr in der Lage, die deutlich gestiegenen Produktionskosten auf die Endverbraucherpreise aufzuschlagen. Entsprechend kamen die Margen unter Druck. Deshalb werden voraussichtlich weitere DAX-Konzerne Gewinnrevisionen melden. Das betrifft besonders stark exportorientierte Industrietitel, aber zunehmend auch auf den privaten Konsum fokussierte Dienstleister.

Wie wirken sich Inflation und Kostendruck in den 2022er-Jahresbilanzen aus?

Einerseits erhöhten stark gestiegene Erzeugerpreise die Kosten für viele Unternehmen. Andererseits konnten diese Kosten bis einschließlich des dritten Quartals weitgehend an die Endverbraucher durchgereicht werden. Dadurch blieben die Margen der Unternehmen vielfach stabil, während Umsätze und Gewinne teils deutlich anstiegen. Viele Unternehmen haben bis einschließlich des dritten Quartals tatsächlich sehr gute Gewinne eingefahren. 

Mit Spannung werden vor allem die Ausblicke erwartet. Womit rechnen Sie? 

Die Ausblicke der Unternehmen werden positiver ausfallen als noch gegen Ende 2022 erwartet. Zwar bestehen weiterhin große — vor allem geopolitische — Risiken. Allerdings haben sich die konjunkturellen Perspektiven in Europa deutlich aufgehellt. Hinzu kommt die Hoffnung auf eine schnelle wirtschaftliche Wiederbelebung Chinas ab dem zweiten Quartal, die be-sonders den exportorientierten deutschen Industrieunternehmen zugutekäme. Wegen dieser günstigen Perspektiven und -guter Gewinne bis zum dritten Quartal 2022 rechne ich auch nicht mit einer größeren Welle an Dividendenkürzungen. Das würde nur die Anleger verprellen.