Was macht das System "Berkshire" so erfolgreich? Das Geheimnis verbirgt sich hinter Warren Buffetts vier Juwelen, auf die das Orakel von Omaha schwört
Wenn ich heute Abend sterbe, steigt der Aktienkurs am nächsten Tag“, scherzte Amerikas Anlegerlegende Warren Buffett mit den Aktionären seines Beteiligungskonzerns Berkshire Hathaway schon 2017 auf der Hauptversammlung. Die jahrmarktähnliche Atmosphäre der Aktionärstreffen im beschaulichen Omaha in Nebraska, dem Geburtsort des 93jährigen Buffett, gehört genauso zur Marke Berkshire Hathaway wie die an der Wall Street und weltweit hoch geschätzten Wertsteigerungen des außergewöhnlichen Unternehmens. Von 1965, als Buffett die Mehrheit an dem damaligen Textilunternehmen Berkshire Hathaway übernahm, bis 2022 legte der Börsenwert im Schnitt knapp 20 Prozent pro Jahr zu. Amerikas Bluechip-Index S&P 500 schaffte in dieser Zeit, einschließlich der Dividenden, nur knapp zehn Prozent Plus pro Jahr.
Wie stabil bleibt Amerikas außergewöhnliches Konglomerat, das Buffett und sein im November verstorbener, kongenialer Unternehmenspartner Charlie Munger aufgebaut haben? Das treibt Anleger seit Jahren um. CEO und Chairman Buffett und Vize-Chairman Munger prägen das mit seiner Kultur und seinen Strukturen einzigartige Konglomerat. Während der Glanz vieler Ikonen in Amerikas Unternehmenswelt verblasste, bauten sich die beiden seit 1965 ihre eigene Unternehmenswelt: als geschickte, bescheiden, volksnah und patriotisch auftretende Investoren, die Wert auf großen Abstand zur Welt der Wall-Street-Banker legen. Mit traditionsreichen US-Firmen, die sich in Berkshires Universum weiterentwickeln und mit Zuflüssen aus ihren Geschäften, den „floats“, Berkshires Cashpool speisen. Aktuell sind es 160 Milliarden Dollar, schätzt der US-Börsendienst Bloomberg. Auch in der Ära nach Buffett und Munger wird Berkshire deshalb als neuer Eigentümer für Firmen eine gute Alternative zu Finanzinvestoren sein. Aus dem Cashpool setzten Buffett und Munger während der globalen Finanzkrise 2008 auch Milliarden ein, um einigen Banken, Goldman Sachs zum Beispiel, und Versicherungen, Munich Re etwa, aus der Patsche zu helfen, stets mit attraktiven Renditen für Berkshire. Ihr Firmenuniversum, das mit Versicherungen begann, umfasst 67 Unternehmen im eigenen Besitz auch mit Exoten wie der deutsche Motorradzubehör-Spezialist Louis. Das Aktienportfolio, Ende September 2023 rund 313 Milliarden Dollar wert, besteht aus 46 Unternehmen, einschließlich American Express, Bank of America, Chevron, Coca-Cola, HP Inc., Moody’s, Occidental Petroleum und Paramount Global, wo Berkshire der größte Aktionär ist.
Die Juwelen von Warren Buffett
Doch was macht den Wert und die Stabilität von Berkshire Hathaway aus? „Vier Juwelen, drei in unserem Besitz und ein viertes, an dem wir 5,4 Prozent besitzen“, schreibt Buffett in seinem Brief zur Hauptversammlung im Jahr 2021: Versicherungen, seit 53 Jahren der Kern von Berkshire Hathaway, Burlington Northern Santa Fe (BNSF), Amerikas zweitgrößte Eisenbahngesellschaft nach Transportvolumen, Versorger Berkshire Hathaway Energy und Juwel Nummer vier Apple: 2016 investierte Buffett die erste Milliarde in Apple-Aktien, damals überraschend für viele, weil sich das Orakel von Omaha in Bezug auf Tech-Aktien bis dann stets kritisch geäußert hatte. Bis Ende 2020 hatte Berkshire 31 Milliarden Dollar in Apple investiert. Das ist heute knapp das Vierfache wert. Aktuell ist Apple mit 50 Prozent von 313 Milliarden Dollar Portfoliowert die größte Position. Die Basis für Berkshires Aufstieg sind die Versicherer, deren regelmäßige Prämieneinnahmen auch den Cashpool speisen. Ihr float lag 2022 bei über 164 Milliarden Dollar. Ihr Zugriff auf den Cashpool, aktuell 160 Milliarden Dollar, liefert ihnen wertvolle Vorteile gegenüber Konkurrenten. Dank der Reserven können sie mehr Geschäft zeichnen und müssen den Großteil der Prämieneinnahmen nicht, wie herkömmliche Versicherer, zwingend in Anleihen investieren — während der langen Niedrigzinsphase war das ein großer Vorteil. Berkshires Juwel BNSF, der Bahnfrachtriese, fuhr im Jahr 2022 rund 5,9 Milliarden Dollar Gewinn ein, bei Berkshire Energy waren 4,3 Milliarden Dollar.
Vier Juwelen: Versicherungen, Burlington Northern Santa Fe (BNSF), Berkshire Hathaway Energy und Apple
Warren ohne Charlie
An der Wall Street hat Buffetts „System Berkshire“ den ersten Vertrauenstest im Bezug auf die neue Ära gut gemeistert. Einen Tag nach Mungers Tod am 28. November büßte die Aktie einen halben Prozentpunkt ein. In Omaha wird der Rat von Buffetts meinungsstarkem Kompagnon fehlen. Längere Diskussionen mit Buffett beendete Munger oft mit dem Satz: „Warren, denke noch mal drüber nach, dann wirst du mir zustimmen, weil du klug bist und ich recht habe.“ Munger sei vermutlich der einzige gewesen dessen Nein Buffett akzeptiert habe, sagt Christopher Rossbach, Chefanlagestratege des Vermögensverwalters J. Stern & Co., ein langjähriger Berkshire-Hataway-Aktionär. Für Buffett stelle sich nun die Frage, meint Rossbach, ob er auch mit den designierten Nachfolgern, die er und Munger während der vergangenen Jahre vorbereitet haben, bei großen Entscheidungen ähnlich kritische und offene Dialoge führen kann.
Berkshires nächste Generation
Munger schien diesbezüglich nicht besorgt. Ajit Jain, seit 2018 für Berkshires Versicherungssparte verantwortlich, habe das Rückversicherungsgeschäft „aus dem Nichts“ aufgebaut, mit hohen Gewinnen aus Versicherungsprämien und beachtlichen „floats“, schrieb Munger. Buffetts Weggefährte schwärmte in einem seiner letzten Aktionärsbriefe von Jain und auch von Greg Abel, Chef des Versorgers Berkshire Energy und verantwortlich für alle Berkshire-Firmen außerhalb der Versicherungssparte. Jain und Abel seien bessere Manager als Buffett, „Weltklasse“ als Attribut für sie sei noch untertrieben. Zu den Persönlichkeiten, deren Geschick Berkshire nach Buffett und Munger prägen dürften, zählen auch Todd Combs und Ted Weschler, die das Milliarden-Aktienportfolio verantworten.
Gregory (Greg) Abel ist im Vorstand von Berkshire für alle Firmen außer Versicherern verantwortlich
Ajit Jain ist seit 2018 für Berkshires Versicherungssparte verantwortlich
Ted Weschler, seit 2012 bei Berkshire, mit Todd Combs Co-Chef des Milliarden-Aktienportfolios
Der Vorstandsvorsitzende und Mehrheitsinhaber der Herausgeberin Börsenmedien AG, Herr Bernd Förtsch und der zweite Vorstand Herr Leon Müller, sind unmittelbar und mittelbar Positionen über die in der Publikation angesprochenen nachfolgenden Finanzinstrumente eingegangen, die von der durch die Publikation etwaig resultierenden Kursentwicklung profitieren können: Apple
Wikifolio Euro am Sonntag Moat Kings
Anlegende Warren Buffett bezeichnet besonders stabile und für Konkurrenten kaum einholbare Wettbewebsvorteile eines Unternehmens als "economic moat". Mit dem entsprechenden Zertifikat auf das Wikifolio (WKN LS9SWT ) können Anleger von der Wertentwicklung des von der Redaktion betreuten Portfolios profitieren. Aktuell im Wikifolio enthalten sind folgende "Moat-Könige" (alphabetisch): Adobe, Amazon, Apple, Berkshire Hathwaway, Costco Wholesale, Eli Lilly, Ferrari, General Electric, Linde, LVMH, Microsoft, MSCI, Nike, Novo Nordisk, Nvidia, MSCI Global und Visa.
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